Philipp Spitta geboren am 1. August 1801 – verstorben am 28. September 1859

Nur mit großem Zaudern ließ sich der damals sehr bekannte Kirchenliederdichter Philipp Spitta im Jahre 1853 als Superintendent nach Peine berufen: „Es gefällt mir besser in Wittingen – ich habe nicht Lust nach Peine“ schrieb er an seinen Freund Ludwig Adolf Petri, der ihm von einem doppelten Peine zu berichten wußte: „Das eine ist das, welches an die Öffentlichkeit heraustritt. Dieses schäumt unterweilen allerlei Koth aus. Andererseits ist in Peine viel guter Grund, der in der Tiefe liegt“.

Wer war dieser Philipp Spitta, dessen Liedersammlung „Psalter und Harfe“ in mehr als 30 Auflagen erschien, in mehrere Sprachen übersetzt wurde und sogar einige seiner Texte von dem berühmten Komponisten Mendelsson-Bartholdy vertont wurden?

„Freuet euch der schönen Erde, denn sie ist wohl wert der Freud’. Oh, was hat für Herrlichkeiten unser Gott ausgestreut!“ Schon vom achten Lebensjahr an findet Philipp Spitta Freude am Verseschmieden. Als Dichter der Liedersammlung „Psalter und Harfe“ ist er in die Geschichte eingegangen. Viele seiner innigen Choräle schmücken bis heute das evangelische Gesangbuch, darunter das bekannte Pfingstlied „O, komm Du Geist der Wahrheit“.

Sein Geburtshaus steht in Hannover. Die Familie kommt ursprünglich aus Frankenthal (Pfalz), ist aber schon seit Anfang des 18. Jahrhunderts in Norddeutschland ansässig. Gemeinsam mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Heinrich unternimmt der am 1. August 1801 geborene Philipp erste dichterische Versuche, die beiden schreiben auch kleine Schauspiele. Schon als Kind hat Philipp nach eigenem Bekunden den Drang, sein Herz vor Gott auszuschütten. Mit elf Jahren wird er schwer krank, muss vier Jahre lang das Bett oder zumindest das Haus hüten. Seine Mutter hat längst die Hoffnung aufgegeben, dass ihr Junge jemals würde studieren können. Sie gibt ihn einem Uhrmacher in Hannover in die Lehre.

Philipp nimmt seine Arbeit sehr genau. Aber immer wenn er ein Uhrwerk sieht, kommt er ins Träumen. So wie der Mensch die Uhr konstruiert hat, muss Gott die ganze Welt erschaffen haben: durch und durch sinnvoll, als eine einzige große geniale Maschine, in der jedes Rädchen seine unverwechselbare Aufgabe hat. Aber Philipp fühlt sich nicht wohl in seinem Beruf und fühlt sich zum Dichter berufen, der die Seele zum Schwingen bringen will, wie die Unruhe die Uhr antreibt. Endlich fasst er den Mut und verrät seiner Mutter, dass er eigentlich Theologie studieren möchte. Fleißig bereitet er sich auf die Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium vor, und nach drei Jahren kann er an die Universität Göttingen.

Gewissenhaft betreibt er seine Studien, ist sehr beliebt im Kreise seiner Kommilitonen und Freunde und dichtet. Nach der ersten theologischen Prüfung wird er Hauslehrer beim Oberamtmann in Lüne. Diese Tätigkeit lässt ihm Zeit genug für eine fundierte theologische Fortbildung, gibt ihm auch die Möglichkeit zur inneren Reife. In dieser Herzensstimmung schreibt Philipp seine Glaubenslieder – voller Sinnlichkeit und Herzlichkeit. Davon zeugen seine Choräle „Ich steh’ in meines Herren Hand“ und „Bei Dir Jesu will ich bleiben“. Er dichtet seine Choräle größtenteils auf vorhandene bekannte Melodien. So fällt es den Gemeinden leichter, sich die neuen Texte im Gemeindegesang anzueignen.

In seiner Zeit als Superintendent in Peine von 1853 bis 1859 dichtet Philipp Spitta nicht mehr. In diese Zeit fällt aber die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Göttingen, mit  der er als „leuchtendes Beispiel pastoralen Lebens und Wirkens“ wie es in der Begründung heißt, herausgehoben wird . Wenige Monate nach seiner letzten Berufung als Superintendent von Peine nach Burgdorf verstirbt Philipp Spitta am 28. September 1859.

Sein Sohn gleichen Vornamens (1841 – 1891) gilt als einer der Begründer der Musikwissenschaft, vor allem bekannt durch seine zweibändige Bachbiographie. Er wird 1875 Professor für Musikgeschichte an der Universität Berlin. Dessen Bruder Friedrich, ebenfalls Liederdichter und seit 1887 Professor der Theologie in Straßburg, sitzt in der Prüfungskommission, vor der der junge Albert Schweitzer sein zweites theologisches Examen bauen will. Schon damals ein berühmter Orgelvirtuose und Bach-Freund, mag Schweitzer die naiven Erweckungsgesänge nicht und weigert sich, sie überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Als er nun im Examen nach solch einem Erweckungslied befragt wird und einen Text nicht weiß, antwortet er, er halte das Gedicht für zu unbedeutend um es zu lernen und sich seinen Verfasser zu merken. Aber das Lied ist von Philipp Spitta senior, und der Sohn sitzt in der Prüfungskommission…

Anläßlich des 200. Geburtstages von Spitta wurde am 01. August 2001 zu seinen Ehren eine Büste vor dem Philipp-Spitta-Seniorenzentrum in Peine enthüllt und ein im Auftrag des Philipp-Spitta-Vereins herausgegebenes Erinnerungsbuch über den Lebensweg dieses Kirchenliederdichters vorgestellt.